Lasergeschützte Trakte, Tunnelfahrten, eine Mission impossible oder ein Baugerüst an einem Stahlskelett im New York der 20er Jahre.
Die Liniengebilde des Industrie Designers und Künstlers Ole Grönwoldt entwickelten sich im Laufe der vergangenen Jahre von einer darstellenden, Wirklichkeiten wiedergebenden hin zu einer, die mit optischen Tiefen spielt. Sind die auf den frühen Bildern zu erkennenden Landschaften oder Gebäude über einen Zeitraum thematischer Schwerpunkt gewesen, sucht man diese heute vergebens. Durch unermüdliches Auftragen der Linien, ohne jede Fläche im Hintergrund, lässt Ole Grönwoldt heute ständig neue Räume entstehen, die den Betrachter unwillkürlich auffordern mehrfach hinzuschauen, denn das, was gerade noch eine Explosion zu sein schien, könnte sich bereits beim nächsten Betrachten als tiefer Fahrstuhlschacht präsentieren.
Wie feine Gewebe gesponnen, wirken Tausende von übereinander liegenden Linien auf stets neue und überraschende Weise anders.
Auch gibt es eine einzige Kaltnadel radierte Linie auf dem Papier, die wie ein Meereshorizont scheint oder eine Zeichnung auf der eine zarte Bleistiftlinie horizontal über das Papier verläuft. Sie erinnert den Betrachter an das Wesentliche in vollendeter Minimalisierung der Möglichkeiten.
Der Künstler beschreibt einen Grad der Abstraktion seiner Bilder selbst:
„Es gab einen Punkt, da ging es um die Darstellung bekannter Gebäude durch Linien. Linien, die von einem Bildrand zum nächsten verliefen und so als Kontur einen Körper oder eine Fläche beschrieben. Oft waren es die mit Linien übersäten Bereiche ausserhalb der Darstellung des eigentlichen Objekts, die isoliert betrachtet besonders interessant waren. Nicht die durch die Linie definierte Fläche, sondern die kontrastierenden, sich überlagernden Linien selbst wurden Bildinhalt. Die Zwischenräume wurden immer enger bis hin zum dichten Füllen der Räume zwischen den Linien. Die Linien wurden immer weiter, bis schliesslich sie zur eigentlichen Fläche wurde.“
In seinen bisherigen Linienbildern der Serien „Raum“, in denen es keinen Bezug mehr zu realen Bildern gibt, veränderte sich sichtbar die Linienführung hin zu einem kalkulierten Experiment, wie intensiv und ästhetisch Raum darzustellen ist. Methodisch fügte Ole Grönwoldt den anfangs lediglich orthogonal verlaufenden Linien, in der folgenden Serie „Raum.02“ diagonal kreuzende hinzu. Es entstand eine irritierende räumliche Tiefe, die sich bricht und zu spiegeln scheint. „Raum.03“ nahm sich dem Fluchtpunkt an. Die Linien schiessen wie Laser aus den Bildern ins Unendliche hinaus und saugen einen gleichzeitig in den tiefen unendlichen Punkt hinein.
Die aktuelle Serie „Raum.04“ widmet sich dem Thema des Bildes im Bild. Durch die sich überlagernden unzähligen Linien, entstehen nach dem Zufallsprinzip feine Details. Durch das Fragmentieren einer zusammenhängenden Fläche aufgefordert, springt das Auge von einem Detail zum nächsten, kehrt zum ganzen Gebilde zurück, ehe es erneut von einem weiteren Detail gefangen genommen wird. Diesem Prinzip, der trotz sorgfältiger Planung zufällig entstehenden Liniengebilde folgend, konstruierte Ole Grönwoldt eine Fläche aus diversen einzelnen, jedoch im Verhältnis zueinander stehenden Rahmen. Diese Fläche wurde über die eigentlich fest definierten Zwischenräume hinweg mit scheinbar unendlichen Linien überzogen. Der Betrachter wird dazu aufgefordert sich den Details hinzugeben, ohne das Grosse, Ganze aus den Augen zu verlieren.
Wichtig ist dem Künstler die Beschaffenheit der Linie. Ganz ihrer entsprechenden Eigenschaft stellt sich jede Linie jeweils neu und anders dar.
Landschaften die einzig aus von Bildrand zu Bildrand verlaufenden Linien bestehen, konzentriert erwachsend aus Anordnung und Kontrast der sich zueinander befindenden. Gebäude wie gewebt, jede einzelne Linie verbindet sich mit der folgenden. Eine undurchdringliche Dichte entsteht, verwirrend, stimmungsvoll.
Die erzeugte Tiefe der Bilder verlockt, in sie einzusteigen, oder man erwartet, hinter sie blickend auf eine weitere Ebene zu stossen und hofft, nicht an einer im Weg stehenden Diagonalen daran gehindert zu werden. Man steht eigentlich nicht vor den Bildern, sondern darin. Die Tiefe spielt mit dem Betrachter, der sich je nach Betrachtungswinkel, je nach Perspektive aufgefordert fühlt erneut hinzuschauen, möglicherweise hinter die Linien schauen zu können, um wieder etwas Überraschendes, vorher scheinbar nicht da Gewesenes zu entdecken. Man kann viel Zeit vor den Bildern verbringen.
Text: Nathalie Richter
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